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🎓 Theorieinput III: Selbstmitgefühl & Scham

🧭 Ziel der Einheit:Teilnehmer:innen verstehen die Dynamik von Scham als Beziehungsreaktion und erkennen, wie Selbstmitgefühl als Gegengewicht (Antidot) wirkt. Sie reflektieren die Wirksamkeit achtsamer Begleitung anhand des Fallbeispiels LUKE.

🟣 1. Scham als Beziehungserfahrung

„Scham ist die Angst, nicht zugehörig zu sein.“— Brené Brown

📘 Definition:

Scham ist ein sozial-emotionaler Affekt, der entsteht, wenn wir glauben, nicht richtig, nicht gut genug oder nicht liebenswert zu sein – oft in Verbindung mit dem Gefühl: „So wie ich bin, bin ich nicht in Ordnung.“

🧠 Ursprung von Scham:

  • entsteht früh, meist in Bindungskontexten

  • oft unbewusst durch emotionale Missattunement oder Ablehnung

  • kann durch kleinste Botschaften entstehen: „Reiß dich zusammen.“, „Sei nicht so empfindlich.“

Typische Symptome von Scham:

  • Erstarren, Rückzug, innere Leere

  • Körperhaltung: gesenkter Blick, Kollaps, Vermeidung

  • Selbstabwertung („Ich bin falsch.“ statt: „Ich habe einen Fehler gemacht.“)

  • Angst vor Bloßstellung / soziale Überanpassung

🧯 Unterschied zu Schuld:

  • Schuld: „Ich habe etwas falsch gemacht“ → handlungsorientiert

  • Scham: „Ich bin falsch“ → existenziell belastend



💚 2. Warum Selbstmitgefühl ein Antidot gegen Scham ist

„Mitgefühl sagt: Auch du bist ein Mensch. Auch du darfst dich zeigen – so wie du bist.“

🎯 Wie wirkt Selbstmitgefühl?

  • Es unterbricht den Teufelskreis der Selbstverurteilung.

  • Es schafft eine innere, mitfühlende Resonanz, die häufig in früher Kindheit fehlte.

  • Es stellt Verbindung her, wo Scham Trennung erzeugt.

🔁 Neff's Modell als Gegenspieler zur Scham:

Scham-Modus

Selbstmitgefühls-Modus

Ich bin falsch.

Ich bin menschlich.

Ich ziehe mich zurück.

Ich darf mich verbinden.

Ich verurteile mich.

Ich bin freundlich zu mir.

🧩 3. Gruppenarbeit: Fallbeispiel LUKE – Was macht die Intervention so wirksam?

Luke: „Ich kann diesen Satz nicht sagen. Das fühlt sich falsch an.“

📚 Aufgabe für Kleingruppen (3–4 Personen):

  1. Analysiert gemeinsam:

    • Was hat die Trainerin nicht getan – und warum war das hilfreich?

    • Was wurde stattdessen ermöglicht?

    • Welche Haltung liegt dieser Intervention zugrunde?

  2. Fragen zur Diskussion:

    • In welcher Weise wird hier Scham entmachtet?

    • Wie wirkt Selbstmitgefühl, auch wenn es nicht direkt spürbar ist?

    • Was hätte möglicherweise überfordert?

  3. Optional:

    • Wie hättest du als Berater:in in dieser Situation reagiert?

    • Welche Sätze oder Gesten wären für dich hilfreich?

🟩 Nach der Gruppenphase – Plenumsauswertung:

„Was macht eine Intervention wirksam, wenn Scham im Raum ist?“

Mögliche Erkenntnisse:

  • Keine Reparatur, sondern Präsenz

  • Akzeptieren, dass auch das Nicht-Können dazugehört

  • Körperzugänge statt kognitiver Erklärungen

  • Einladung zu Würde statt Zwang zur Offenheit

💬 Abschlusszitat zur Integration:

„Scham stirbt im Licht liebevoller Aufmerksamkeit.“— frei nach Carl Rogers

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