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Alte Wunden, neue Beziehungen – Wie Lebensberatung Vertrauen stärken kann

Einblicke in eine beratende Begleitung bei Eifersucht und Bindungsverletzungen

In der Lebens- und Sozialberatung begegnen uns regelmäßig Menschen, die unter wiederkehrenden Beziehungskonflikten leiden – oft ohne dass eine psychische Erkrankung vorliegt. Sie suchen Begleitung, weil sie spüren: „So kann es nicht weitergehen. Ich will etwas verändern.“ Genau so kam auch Herr I. in die Beratung.


Herr I. ist 30 Jahre alt, berufstätig in der chemischen Industrie, feinfühlig, reflektiert – und in einer Fernbeziehung mit einer Frau, die er liebt.


Trotz guter Kommunikation, Nähe und gemeinsamen Plänen leidet er unter starken Vertrauensproblemen. Wenn sie mit anderen Männern spielt – im Online-Spiel, wo sie sich kennengelernt haben – oder sich nicht sofort meldet, kreisen seine Gedanken um Verlust, Verrat und Verheimlichung. Immer wieder kommt es zu konflikthaften Gesprächen, obwohl objektiv kein Anlass zur Sorge besteht.


Was steckt hinter solchen Mustern?

Lebensberater*innen wissen: Beziehungsmuster sind nicht zufällig. Sie wurzeln oft tief. Bei Herrn I. zeigt sich ein klarer biografischer Hintergrund:

  • Frühere Beziehungserfahrungen: Zwei Ex-Partnerinnen haben ihn betrogen – die erste sogar mehrfach, trotz Vergebung.

  • Kindheitserfahrung der Entwertung: Als Jugendlicher wurde Herr I. fälschlich eines sexuellen Übergriffs beschuldigt. Besonders belastend: Seine eigene Mutter glaubte ihm zunächst nicht. Die soziale Isolation und familiäre Enttäuschung hinterließen tiefe Narben.


Diese Erlebnisse haben sein Vertrauen in sich und andere massiv erschüttert. Heute erlebt er intensive Affektzustände, wenn er sich bedroht fühlt – obwohl er erkennt, dass seine Reaktionen nicht zur Realität passen. Genau hier setzt die LSB an.


Die Rolle der Lebens- und Sozialberatung

Lebensberatung ist keine Therapie – aber sie ist ein kraftvoller Raum für persönliche Entwicklung. Im Fall von Herrn I. stehen folgende Schwerpunkte im Vordergrund:

1. Biografisches Verstehen & Entlastung

Herr I. versteht seine Eifersucht nicht als „Charakterschwäche“, sondern als Schutzmechanismus eines verletzten inneren Kindes. Diese Perspektive entlastet – und öffnet die Tür zur Veränderung.

2. Affekt- und Emotionsregulation

Mit einfachen Methoden aus dem Mentaltraining (z. B. Atemtechniken, Körperübungen, Selbstinstruktion) kann Herr I. lernen, in emotional belastenden Momenten die Kontrolle zu behalten.

3. Ressourcenaktivierung

Herr I. ist kein „Problemfall“. Er ist engagiert, liebt seine Partnerin, will sich weiterentwickeln. Die LSB hilft, genau diese Qualitäten wieder ins Zentrum zu rücken.

4. Beziehungskompetenz stärken

Durch Kommunikationstrainings, Rollenspiele und systemische Interventionen kann er lernen, Konflikte konstruktiv zu gestalten – und Nähe zu leben, ohne Angst.

5. Abgrenzung zur Psychotherapie

Die psychische Stabilität von Herrn I. ist gegeben, aber: Sollte sich der Leidensdruck vertiefen oder posttraumatische Symptome hinzukommen, ist eine psychotherapeutische Mitbehandlung angezeigt. Eine gute LSB kennt ihre Grenzen – und arbeitet im Netzwerk.


Männliche Sensibilität – ein unterschätztes Thema

Herr I. zeigt eindrucksvoll, dass auch Männer – und gerade Männer – unter Vertrauensverlust und Verletzungen leiden können. Er ist sensibel, loyal, sucht Nähe. Solche Männer kommen oft erst spät in Beratung, weil sie gelernt haben, Gefühle zu unterdrücken. LSB kann hier einen entscheidenden Beitrag leisten: durch wertschätzende Räume, durch Entpathologisierung und durch gezielte Arbeit an Beziehungskompetenz und Selbstwert.


Fazit: Vertrauen ist lernbar – mit professioneller Begleitung

Was Herr I. zeigt, gilt für viele Klient*innen in der Lebensberatung: Die Vergangenheit prägt, aber sie muss nicht das letzte Wort haben. Vertrauen, das einst zerstört wurde, kann durch bewusste Arbeit, neue Erfahrungen und unterstützende Beziehungen wieder wachsen. Die Lebens- und Sozialberatung ist dabei kein Ersatz für Therapie – aber ein tragfähiger, heilsamer Raum für Entwicklung.

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