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AutorenbildThomas Laggner

Lebensberater-Ausbildung: Arbeitsmaterial zur Fallgeschichte Max & Gloria

In dieser Fallgeschichte geht es um eine Familie, die von komplexen Konflikten und emotionalen Herausforderungen geprägt ist. Die Erzählerin befindet sich in einer angespannten Beziehung sowohl mit ihrem aktuellen Partner als auch mit ihrem Ex-Partner. Zusätzlich ist sie für ihre beiden Kinder verantwortlich, was die Dynamik weiter erschwert. Die Konflikte drehen sich um Kommunikationsprobleme, unausgesprochene Erwartungen, enttäuschte Hoffnungen und das Bedürfnis nach Stabilität und Anerkennung. Der Ex-Partner ist häufig unzuverlässig, was die Erzählerin tief enttäuscht, da sie das Gefühl hat, dass die Kinder und sie selbst darunter leiden. Diese Unsicherheiten führen zu einem ständigen inneren Konflikt, geprägt von Wut, Trauer und dem Wunsch, eine stabile familiäre Situation zu schaffen.

In einer 2,3 Stunden dauernden Paarsitzung mit dem Berater geht es um folgendes:

Max und Gloria sprechen in einem offenen Dialog über verschiedene persönliche und familiäre Themen. Dabei geht es vor allem um Herausforderungen in ihrem Alltag, Unsicherheiten und das gegenseitige Vertrauen. Ein zentraler Punkt ist Glorias Auseinandersetzung mit Essstörungen und Max' Sorgen um ihre Gesundheit. Max fordert Gloria auf, ihm zu vertrauen, dass er sie in schwierigen Zeiten unterstützen kann, während Gloria ihre Befürchtung teilt, dass es vielleicht wieder Probleme gibt, über die nicht offen gesprochen wird. Max macht ihr klar, wie wichtig es ist, dass sie über ihre Sorgen spricht, um gemeinsam Lösungen zu finden.


Die Gesprächsthemen wechseln oft zwischen ernsten Momenten, wie Glorias Angst, als Mutter und Partnerin zu versagen, und humorvollen Unterbrechungen über alltägliche Dinge wie den Umgang mit Haustieren oder ihre Essgewohnheiten. Diese Mischung aus Ernsthaftigkeit und Humor zeigt die enge Beziehung zwischen den beiden und ihre Fähigkeit, schwierige Themen in einer lockeren Atmosphäre anzusprechen. Max versucht, Gloria zu ermutigen, über ihre Ängste und Unsicherheiten zu sprechen, insbesondere bezüglich ihres beruflichen Neuanfangs und der damit verbundenen Belastungen. Gloria steht kurz davor, eine neue berufliche Herausforderung anzunehmen, was sie sowohl mit Freude als auch mit Angst erfüllt. Max bestärkt sie darin, dass sie diese Herausforderung bewältigen kann und dass er ihr den Rücken freihält, damit sie sich auf ihre Ziele konzentrieren kann.


Ein weiteres wichtiges Thema ist die Beziehung zu Glorias Ex-Partner und Vater ihrer Kinder, Christoph. Gloria und Max diskutieren darüber, wie schwierig es für sie ist, mit Christophs Unzuverlässigkeit umzugehen. Christoph scheint kein starkes Interesse an den gemeinsamen Kindern zu zeigen, was Gloria stark belastet. Diese fehlende Unterstützung von Christoph führt dazu, dass Gloria oft das Gefühl hat, mit der Verantwortung allein gelassen zu werden. Max versucht dabei, die Situation zu entschärfen, indem er sich als Partner anbietet, der Gloria in diesen Herausforderungen zur Seite steht und ihr hilft, die Belastungen besser zu bewältigen. Dennoch spürt Max, wie sehr diese Situation Gloria emotional mitnimmt, und er bemüht sich, ihr emotionalen Halt zu geben.


Zudem wird eine wiederkehrende Problematik angesprochen: Glorias Neigung, Konflikte und Themen immer wieder durchzukauen, was sie jedoch als eine Art Verarbeitung empfindet. Max erklärt, dass er diese Verhaltensweise als notwendig akzeptiert, auch wenn es ihn manchmal belastet. Er erkennt, dass Gloria durch das wiederholte Besprechen versucht, ihre Emotionen zu verarbeiten und ein Gefühl der Kontrolle über die Situation zu gewinnen. Beide erkennen, dass sie oft Probleme aus der Vergangenheit mit in ihre aktuelle Beziehung nehmen, was wiederholt zu Missverständnissen führt. Max betont, dass es wichtig ist, nicht nur die Vergangenheit zu besprechen, sondern auch aktiv daran zu arbeiten, alte Muster zu durchbrechen. Gloria stimmt zu, dass es notwendig ist, an ihrer Kommunikation zu arbeiten, um zukünftige Missverständnisse zu vermeiden.


Ein weiterer Aspekt des Gesprächs ist Glorias Sorge, als Mutter, Partnerin und berufstätige Frau nicht allen Erwartungen gerecht werden zu können. Sie hat Angst, ihren Kindern, Max und ihrer neuen beruflichen Rolle nicht gerecht zu werden. Max zeigt dafür viel Verständnis und versucht, ihr diese Ängste zu nehmen, indem er ihr versichert, dass sie nicht alles alleine schaffen muss und dass er immer für sie da ist. Er betont, dass sie ein Team sind und gemeinsam alle Herausforderungen bewältigen können. Gloria gesteht, dass es ihr schwerfällt, Hilfe anzunehmen, da sie oft das Gefühl hat, stark sein zu müssen und keine Schwäche zeigen zu dürfen. Max ermutigt sie, diese Einstellung zu hinterfragen und zu erkennen, dass es keine Schwäche ist, Unterstützung anzunehmen, sondern vielmehr ein Zeichen von Stärke.


Das Gespräch zeigt die tiefe Bindung und das Vertrauen, aber auch die Konflikte und Herausforderungen, die Max und Gloria in ihrer Beziehung zu bewältigen haben. Sie versuchen, alte Muster zu durchbrechen, einander zu unterstützen und trotz der Schwierigkeiten an ihrer Beziehung festzuhalten. Beide sind bereit, an sich selbst und ihrer Partnerschaft zu arbeiten, um eine stabile und liebevolle Beziehung aufzubauen. Max und Gloria wissen, dass es nicht immer einfach ist, aber sie sind entschlossen, gemeinsam an ihren Problemen zu wachsen und ihre Beziehung weiterzuentwickeln.


Im Rahmen dieser Fallgeschichte werden fünf unterschiedliche Perspektiven beleuchtet, um die zugrunde liegenden Dynamiken und mögliche Lösungswege besser zu verstehen:

  1. Systemische Paartherapie: Die Dynamik innerhalb der Familie wird als ein Produkt wechselseitiger, zirkulärer Interaktionen beschrieben, die immer wieder zu Missverständnissen und Konflikten führen.

  2. Personzentrierte Therapie: Der Fokus liegt auf der Selbstakzeptanz der Erzählerin und ihrer Fähigkeit, eigene Bedürfnisse wahrzunehmen und auszudrücken.

  3. Psychoanalytische Perspektive nach Otto Kernberg: Die Konflikte werden durch unbewusste Prozesse wie Spaltung und narzisstische Verwundungen erklärt, welche die emotionale Reaktion der Erzählerin prägen.

  4. Weise alte Frau: Diese Perspektive betont die Wichtigkeit von Vergebung, Geduld und Mitgefühl, sowohl für andere als auch für sich selbst.

  5. Weiser alter Mann: Hier steht ein pragmatischer Ansatz im Vordergrund, der dazu rät, weise auszuwählen, wann es lohnt, einen Kampf zu führen, und wann man besser loslässt.


Arbeitsmaterialien zur Bearbeitung der Fallgeschichte

1. Reflexionsfragen zur systemischen Perspektive

  • Welche Rollen nehmen die einzelnen Familienmitglieder innerhalb des Systems ein?

  • Wie trägt jede Person zum Kreislauf von Missverständnissen und Konflikten bei?

  • Wie könnte die Erzählerin ihre eigenen Reaktionen verändern, um den Kreislauf zu durchbrechen?

  • Welche Rolle spielen die Kinder in diesem Konflikt, und wie könnten sie von einer veränderten Dynamik profitieren?

  • Wie könnte eine Triangulation vermieden werden, damit die Kinder nicht in die Konflikte hineingezogen werden?

2. Übungen zur personzentrierten Perspektive

  • Schreiben Sie einen Brief an sich selbst, in dem Sie Ihre Gefühle und Bedürfnisse ehrlich ausdrücken, ohne sich selbst zu verurteilen.

  • Was sind Ihre grundlegenden Bedürfnisse, die in der aktuellen Familiensituation nicht erfüllt werden? Schreiben Sie diese auf und überlegen Sie, wie Sie sie kommunizieren könnten.

  • Stellen Sie sich vor, Sie könnten eine bedingungsfreie, positive Wertschätzung für sich selbst empfinden. Wie würde sich dies auf Ihre Beziehungen auswirken?

  • Üben Sie, Ihre eigenen Grenzen zu setzen. Welche Situationen fallen Ihnen dabei besonders schwer, und warum?

3. Psychoanalytische Betrachtung: Analyse und Reflexion

  • Welche unbewussten Konflikte könnten in der Beziehung zu Ihrem Ex-Partner eine Rolle spielen?

  • In welchen Momenten neigen Sie dazu, Menschen entweder als vollkommen gut oder schlecht zu betrachten? Was löst diese Spaltung aus?

  • Wie hat Ihre Kindheit möglicherweise Ihr Bedürfnis nach Anerkennung und Beständigkeit geprägt?

  • Gibt es emotionale Verletzungen, die noch nicht verarbeitet sind und die Ihre aktuelle Situation beeinflussen?

  • Überlegen Sie, wie Sie ambivalente Gefühle in Bezug auf andere Menschen besser integrieren könnten.

4. Weisheit der alten Frau: Mitgefühl und Loslassen

  • Was bedeutet Vergebung für Sie, und wie könnten Sie sie in Ihrer aktuellen Situation praktizieren?

  • Gibt es Erwartungen, die Sie an Ihren Ex-Partner haben und die Ihnen Schmerzen bereiten? Wie könnten Sie diese Erwartungen loslassen?

  • Inwiefern könnten Sie Mitgefühl für sich selbst entwickeln, anstatt sich für vergangene Fehler zu verurteilen?

  • Was brauchen Sie, um inneren Frieden zu finden, unabhängig davon, wie sich andere verhalten?

5. Perspektive des alten Mannes: Pragmatismus und Fokussierung auf das Wesentliche

  • Welche Kämpfe lohnen sich Ihrer Meinung nach zu führen, und welche nicht? Warum?

  • Wo könnten Sie in Ihrer aktuellen Situation Grenzen setzen, um Ihre eigene Energie zu schonen?

  • Welche Aspekte der Situation liegen außerhalb Ihrer Kontrolle, und wie könnten Sie diese loslassen?

  • Welche Schritte könnten Sie unternehmen, um sich stärker auf das Wohl Ihrer Kinder und Ihr eigenes Wohlbefinden zu konzentrieren?

Zusammenfassende Übung: Perspektivwechsel

  • Wählen Sie eine schwierige Situation aus Ihrem Leben, die mit den beschriebenen Konflikten vergleichbar ist. Versetzen Sie sich nacheinander in die Rolle eines systemischen Therapeuten, eines personzentrierten Therapeuten, eines Psychoanalytikers, einer weisen alten Frau und eines weisen alten Mannes. Schreiben Sie jeweils auf, welche Ratschläge diese Personen Ihnen geben würden.

  • Welche Perspektive hat Ihnen die größte Einsicht gebracht? Warum?

Abschlussreflexion

  • Welche Emotionen sind bei Ihnen während der Bearbeitung der Fallgeschichte aufgetaucht?

  • Was haben Sie über Ihre eigenen Beziehungen und Ihre Art, mit Konflikten umzugehen, gelernt?

  • Welche Schritte möchten Sie als nächstes in Ihrem eigenen Leben unternehmen, um gesündere Beziehungen zu gestalten?

Dieses Arbeitsmaterial soll dazu dienen, die Fallgeschichte aus verschiedenen Blickwinkeln zu analysieren und ein tieferes Verständnis der zugrunde liegenden Dynamiken zu entwickeln. Es ermutigt zur Selbstreflexion und hilft dabei, neue Wege im Umgang mit komplexen familiären Beziehungen zu finden.

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