Resilienz
- Thomas Laggner

- 29. Sept.
- 13 Min. Lesezeit
Eine Stärke in herausfordernden Zeiten

Resilienz: Wirksamkeit und Anwendung im Coaching (Überblick)
Wirksamkeit von Resilienzförderung (Training & Interventionen)
Moderne Studien stützen die Wirksamkeit von Resilienztrainings, zeigen aber meist kleine bis moderate Effekte. Eine umfassende Meta-Analyse (197 Studien, Liu et al. 2020) bestätigte einen grundsätzlichen Nutzen von Resilienzmaßnahmen, betont aber deren Kontextabhängigkeit – es gibt keinen universellen Ansatz, sondern der Erfolg hängt von Faktoren wie Zielgruppe und Methode ab de.wikipedia.orgde.wikipedia.org. So zeigen z. B. Erwachsene im beruflichen oder klinischen Kontext eher positive Effekte, besonders wenn Programme evidenzbasiert (etwa kognitiv-verhaltenstherapeutisch) oder mit sozialer Unterstützung arbeiten de.wikipedia.orgde.wikipedia.org. Eine erste Meta-Analyse speziell am Arbeitsplatz (Vanhove et al. 2016, 37 Studien mit >16.000 Beschäftigten) fand ebenfalls einen kleinen Gesamteffekt (d ≈ 0,21) haufe.de. Kurzfristig verbessern Resilienztrainings demnach Arbeitsleistung, Wohlbefinden und Stressbewältigung merklich, während langfristig (Monate danach) noch ein kleiner, aber signifikanter Effekt auf die Verringerung psychischer Beschwerden (z. B. Burnout-Risiko) nachweisbar ist haufe.de. Andere Outcome-Größen wie Leistungssteigerung hielten langfristig jedoch nicht signifikant an haufe.de.
Im Folgenden einige deutschsprachig dokumentierte Studienergebnisse zur Wirksamkeit von Resilienzförderung:
Jahr | Studie / Institution | Ergebnisse (kurz) |
2020 | Meta-Analyse(Clinical Psychology Review) | Resilienz-Interventionen insgesamt wirksam, jedoch stark kontextabhängig; z. B. wirken evidenzbasierte Programme mit sozialer Unterstützung in Erwachsenen-/Berufskontexten am ehesten positiv de.wikipedia.orgde.wikipedia.org. |
2016 | Meta-Analyse Arbeitsplatz(Vanhove et al.) | Kleiner Effekt insgesamt (d≈0,21). Kurzfristig Anstieg von Arbeitsleistung und Wohlbefinden, Rückgang von Stress/Beschwerden; langfristig noch leichter präventiver Effekt (weniger Burnout/Depression), aber keine nachhaltige Leistungssteigerung haufe.de. |
2014 | Mayo Clinic (USA) – Radiologie-Abteilung | Pilot-RCT mit 22 Radiologen: Eine einzige 90-minütige Gruppenschulung (SMART-Resilienztraining + 2 Telefon-Follow-ups) führte nach 12 Wochen zu signifikant weniger Stress und Angst sowie höherer Lebensqualität und Achtsamkeit gegenüber Kontrollen. (Resilienz nahm ebenfalls zu, jedoch im Gruppenvergleich nicht signifikant) fitreisen.de. |
2020 | LOOVANZ-Training (AHAB-Akademie, Klinik) | Interventionsstudie mit 50 stationären Depressions-Patienten (3–7 Wochen Resilienztraining LOOVANZ): Depressionswerte sanken signifikant (große Effektstärke), Resilienzfaktoren und Selbstwirksamkeit stiegen signifikant an (mittlere Effekte) researchgate.net. Hinweis: Teil eines multimodalen Therapiekonzepts, dennoch vielversprechende Effekte. |
Diese Ergebnisse zeigen, dass Resilienzförderung messbare Verbesserungen erzielen kann – etwa hinsichtlich Stressbewältigung, psychischer Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Allerdings sind die Effekte meist moderat und variieren je nach Setting. Ein aktueller Cochrane-Review (Kunzler et al. 2020) bestätigt z.B., dass Resilienzprogramme für medizinisches Personal kurzfristig Stress und Angst reduzieren (kleine bis moderate Effekte), jedoch weisen die Autoren auf die begrenzte Datenlage zu längerfristigen Wirkungen hin haufe.dehaufe.de. Insgesamt betonen Experten, dass Resilienztrainings kein Allheilmittel sind, aber präventiv einen Beitrag leisten können – insbesondere zur Steigerung des Wohlbefindens und zur Vorbeugung stressbedingter Erkrankungen über die Zeit haufe.dehaufe.de. Wichtig ist dabei, Maßnahmen qualitativ hochwertig und zielgruppengerecht zu gestalten (siehe unten Anwendung).
Konkrete Anwendungen im Coaching (beruflicher Kontext)
Resilienzförderung hat in den letzten Jahren verstärkt Einzug in Coaching und Personalentwicklunggehalten coaching-magazin.de. Unternehmen reagieren damit auf steigende Belastungen in der modernen Arbeitswelt (Stichwort VUCA-Welt) und den Bedarf an psychischer Widerstandskraft bei Mitarbeitenden und Führungskräften coaching-magazin.decoaching-magazin.de. Im Business-Coaching werden Resilienzkonzepte inzwischen gezielt integriert, um individuelle Bewältigungsressourcen zu stärken und Burnout vorzubeugen. Häufig fokussierte Resilienzfaktoren im Coaching sind z. B. optimistische Denkweise, Selbstwirksamkeit, Eigenverantwortungoder Netzwerkorientierung, die als „Säulen der Resilienz“ gelten coaching-magazin.de. Coaches nutzen hierzu teils etablierte Tools – etwa das „Energiefass“-Modell zur Visualisierung von Ressourcen und Stressoren – um Klienten erste Schritte zum Resilienzaufbau zu ermöglichen coaching-magazin.decoaching-magazin.de.
Wichtig ist ein ganzheitlicher Ansatz: „Resilienz-Coaching ist keine Wunderpille“ coaching-magazin.de – die Stärkung einzelner Personen greift zu kurz, wenn die organisationale Ebene unberührt bleibt coaching-magazin.de. In der Praxis bedeutet das: Arbeitsbedingungen und Führungskultur müssen mitentwickelt werden, damit gesteigerte individuelle Resilienz nicht im selben schädlichen Umfeld verpufft coaching-magazin.de. Viele Coaches beziehen daher auch organisatorische Resilienz ein, z.B. durch Beratung zu gesundheitsgerechter Führung und Teamkultur. So bietet etwa das Deutsche Resilienz-Zentrum (LIR, Mainz) spezielle Workshops wie „Gesund und resilient führen“ an, in denen Führungskräfte lernen, durch wertschätzende Kommunikation, Feedback und kollegialen Austausch die Resilienz ihrer Mitarbeitenden zu fördern (z. B. Optimismus oder Selbstwirksamkeit im Team zu stärken) coaching-magazin.de. Gleichzeitig werden sie geschult, Frühwarnzeichen von psychischer Überlastung zu erkennen, um früh gegenzusteuern coaching-magazin.de. Dieses Beispiel zeigt, wie Coaching-Instrumente mit wissenschaftlicher Resilienzforschung verknüpft werden – das LIR als erstes universitäres Resilienz-Forschungszentrum Europas kooperiert eng mit der Coaching-Praxiscoaching-magazin.decoaching-magazin.de.
Auch in der Weiterbildung von Coaches spiegelt sich der Trend wider: 2017 wurde der Verband für organisationale Resilienz (ORES) gegründet, um Qualitätstandards für Resilienz-Coaching in Unternehmen zu entwickeln coaching-magazin.de. An Kongressen (z. B. „Resilienz für die VUCA-Welt“, Erdinger Coaching-Kongress 2017) werden neueste Erkenntnisse und Methoden diskutiert coaching-magazin.de. Ansätze wie das „Bambus-Prinzip“ (Ella G. Amann) erweitern klassische Modelle und bieten Coaches diagnostische Tools (Resilienz-Kompetenz-Diagnostik) zur personalisierten Beratung: Dabei werden individuelle Stressmuster analysiert und Trainingsschwerpunkte an den persönlichen Resilenzprofilen der Klienten ausgerichtet coaching-magazin.decoaching-magazin.de. Solche Methoden unterstreichen, dass maßgeschneiderte Interventionen nötig sind – ein kreativer Mensch braucht ggf. andere Strategien als ein analytischercoaching-magazin.de.
Erste Evaluationsdaten aus dem Coaching-Kontext sind ermutigend. Eine schweizerische Masterarbeit (Otth, FHNW 2019) untersuchte Einzelcoachings für Führungskräfte und fand, dass schon 4–6 Coaching-Sitzungen die Resilienzkompetenz spürbar steigern können files.www.soziothek.ch. Vorausgesetzt waren allerdings professionelles Vorgehen im Coaching-Prozess, die Motivation und Veränderungsbereitschaft der Coachees sowie Fachexpertise des Coachs files.www.soziothek.ch. Interessanterweise zeigte sich in den Fallstudien, dass selbst wenn im Coaching nur ein einzelnes Thema bearbeitet wurde, Transfer-Effekte auf andere Resilienz-Bereiche auftraten – offenbar verbessert die Auseinandersetzung mit einer Herausforderung zugleich die allgemeine Widerstandsfähigkeit files.www.soziothek.ch.
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Resilienzförderung im beruflichen Coaching hat sich etabliert und wird stark nachgefragt coaching-magazin.de. Sie erfolgt meist multimodal – durch Trainings, Workshops und individuelles Coaching – und zielt darauf ab, persönliche Ressourcen (wie z.B. Einstellung und Bewältigungsfähigkeiten) und Umfeldfaktoren(Führungsverhalten, Teamklima) zu verbessern. Aktuelle Empfehlungen betonen die Kombination aus präventiven Kurzinterventionen und längerfristiger Transferbegleitung: So werden in Unternehmen zunehmend Blended-Learning-Programme eingesetzt, die digitale Resilienztrainings mit Präsenzworkshops verbinden, um Flexibilität und Effizienz zu erhöhen haufe.dehaufe.de. Zudem haben sich Follow-up-Einheiten (Auffrischungssitzungen) etwa 1–4 Monate nach dem Haupttraining bewährt, damit die Teilnehmer die gelernten Strategien reflektieren und vertiefen können haufe.de. Schließlich wird geraten, Resilienzmaßnahmen nicht isoliert stehen zu lassen, sondern in eine umfassende organisationale Gesundheitsstrategie einzubetten – dann können die durchaus beträchtlichen Nutzen von Resilienzförderung am Arbeitsplatz noch weiter gesteigert werden haufe.decoaching-magazin.de.
Quellen: Die obigen Ausführungen basieren auf deutschsprachiger Fachliteratur und Studien, u.a. Meta-Analysen zu Resilienzinterventionen de.wikipedia.orghaufe.de, Evaluationsstudien im klinischen und betrieblichen Umfeld fitreisen.deresearchgate.net sowie Praxisberichten aus Coaching-Kontexten coaching-magazin.defiles.www.soziothek.ch. Jede Quelle ist im Text durch 【Ziffer†Zeile】 kenntlich gemacht.
Resilienzförderung durch personzentrierte Beratung nach Carl Rogers
Theoretischer Teil: Personzentrierte Beratung und Resilienz
Angeborene Wachstumsfähigkeit und unterstützende Beziehungen: Sowohl die Resilienzforschung als auch der personzentrierte Ansatz nach Rogers gehen davon aus, dass jeder Mensch eine angeborene Fähigkeit besitzt, Krisen zu bewältigen und sich weiterzuentwickeln – jedoch nicht isoliert, sondern mithilfe förderlicher sozialer Beziehungen gwg-ev.org. Rogers prägte hierfür den Begriff der Aktualisierungstendenz, einer inneren Tendenz zu Wachstum und Selbstentfaltung, die durch ein entsprechendes Beziehungsangebot aktiviert wird. In Übereinstimmung damit zeigen Studien der Resilienzforschung, dass vor allem eine wertschätzende, vertrauensvolle Beziehung zu zumindest einer Bezugsperson ein zentraler Schutzfaktor für psychische Widerstandskraft ist gwg-ev.org. Die personzentrierte Beratung stellt genau diese Qualität der Beziehung in den Mittelpunkt: eine von Empathie, bedingungsfreier Wertschätzung und Kongruenz geprägte therapeutische Allianz gwg-ev.org. Eine solche stabile, feinfühlige Beziehung ähnelt in ihrer Funktion einer sicheren Bindung in der Kindheit – und sichere Bindungen wurden in Langzeitstudien (z. B. Kauai-Studie von Werner & Smith) als Schlüsselfaktor für Resilienz identifiziert gwg-ev.org. Mit anderen Worten: Die Grundhaltung der personzentrierten Beratung schafft den zwischenmenschlichen Nährboden, auf dem Resilienz gedeihen kann.
Parallelen in Schutzfaktoren und Entwicklungskonzepten: Zahlreiche Überschneidungen zwischen dem Personzentrierten Ansatz und bekannten Resilienzfaktoren sind empirisch belegt. Rogers’ Ansatz betont zum Beispiel die Bedeutung eines stabilen Selbstwertgefühls und einer kongruenten Selbstwahrnehmung (d. h. eines stimmigen, unverzerrten Selbstbildes) für die seelische Gesundheit gwg-ev.org. Genau diese Merkmale gelten auch in der Resilienzforschung als wichtige Schutzfaktoren, die Menschen helfen, Belastungen zu überstehen gwg-ev.org. Weiterhin hat die Resilienzforschung gezeigt, dass das Erleben von Selbstwirksamkeit – also die Überzeugung, eigene Probleme aus eigener Kraft bewältigen zu können – einer der bedeutsamsten protektiven Faktoren ist gwg-ev.org. Interessanterweise fördert die personzentrierte Beratung genau dieses Erleben von Selbstwirksamkeit, indem sie auf Nicht-Direktivitätsetzt: Klientinnen und Klienten finden im geschützten Raum der Beratung ihre eigenen Lösungen und erfahren sich dadurch als handlungsfähig und kompetent gwg-ev.org. Die Übereinstimmung zwischen Theorie und Empirie zeigt sich auch hier deutlich: Indem die Personzentrierung auf die Stärkung von Selbstwert, Selbstwahrnehmung und Selbstwirksamkeit abzielt, adressiert sie gleichzeitig zentrale Faktoren, die laut Studien die Resilienz erhöhen.
Rogers’ Grundhaltungen im Zusammenspiel mit Resilienzfaktoren
Empathie und Emotionsregulation/Bindung: Empathie – das einfühlsame Verstehen und Spiegeln der Gefühlswelt des Gegenübers – ist ein Kernstück der Rogers-Schule. Empathisches Zuhören hat direkte Wirkung auf Resilienzfaktoren: Wenn Berater die Gefühle der Klientin präzise verbalisieren und ihr das Gefühl geben, verstanden zu werden, fördert dies die emotionale Selbstwahrnehmung. Forschung zeigt, dass es für die Entwicklung von Emotionsregulationsfähigkeiten essenziell ist, wenn bereits Kindern ihre Gefühle einfühlsam gespiegelt werden gwg-ev.org. Dieses empathische „Spiegeln“ hilft Klientinnen (egal welchen Alters), eigene Emotionen besser einzuordnen und zu differenzieren, was eine Grundlage gesunder Emotionsregulation bildet – einem bekannten Resilienzfaktor. Gleichzeitig schafft Empathie ein Klima psychologischer Sicherheit: Der/die Klientin erlebt die Beziehung als verlässlich und akzeptierend, ähnlich einer sicheren Bindung. Eine solche stabile, feinfühlige Bindungserfahrung wirkt nachweislich als Schutzpuffer gegenüber Stress gwg-ev.org. Indem der/die Berater*in also echt mitfühlend reagiert, kann der Klient in der Beziehung Vertrauen fassen und schwierige Gefühle besser regulieren – er erlebt, dass er mit seinen Emotionen nicht allein ist und Unterstützung erhält. Diese Kombination aus Verbundenheit und Gefühlsregulation stärkt die psychische Widerstandskraft erheblich.
Bedingungsfreie Wertschätzung und Selbstwert/Selbstwirksamkeit: Rogers’ Prinzip der unbedingten positiven Wertschätzung bedeutet, den Klienten vorbehaltlos anzunehmen – unabhängig von Fehlern, Gefühlen oder Verhaltensweisen. Diese Haltung der Akzeptanz ermöglicht es dem Klienten, sich selbst ohne Angst vor Abwertung zu zeigen. Dadurch wird sein Selbstwertgefühl gestärkt und Scham oder Minderwertigkeitsgefühle nehmen ab. Ein starker Selbstwert und Selbstakzeptanz gelten in der Resilienzforschung als wichtige Schutzfaktoren, weil sie Menschen erlauben, auch in Krisen zuversichtlich zu bleiben und Unterstützung anzunehmen gwg-ev.org. Bedingungslose Wertschätzung fördert zudem Selbstmitgefühl: Klientinnen lernen, nachsichtiger mit sich umzugehen. Empirische Berichte aus der Beratungspraxis bestätigen diese Wirkung. So beschrieb Petra Brandes den Fall einer Klientin, die erst durch die akzeptierende Haltung in der Beratung lernte, ihre eigenen Grenzen anzuerkennen – was sie zuvor als „Schwäche“ empfand, wurde nun als legitime Selbstfürsorge und Stärke umgedeutet gwg-ev.org. Diese Neubewertung („Es ist okay, nicht mehr zu können“) war für die Klientin ein hilfreicher Perspektivwechsel und ein Schritt zu größerer seelischer Widerstandskraft gwg-ev.org. Darüber hinaus ermutigt Wertschätzung die Klientinnen, eigene Stärken wahrzunehmen. Wenn Therapeutinnen echte Anerkennung für bewältigte Herausforderungen oder positive Eigenschaften aussprechen, fördert das Optimismus und Zuversicht – Haltungen, die resilienten Menschen häufig eigen sind. Insgesamt schafft bedingungsfreie Wertschätzung also ein Klima, in dem Klientinnen sich selbst als wertvoll und wirksam erleben dürfen, was Resilienz aufbaut.
Kongruenz und authentische Selbstwahrnehmung: Kongruenz meint die Echtheit und Aufrichtigkeit des Beraters in der Beziehung – er ist als Person greifbar und handelt stimmig, anstatt eine Fassade aufzubauen. Diese Echtheit wirkt zweifach resilienzfördernd. Zum einen stärkt ein kongruentes Verhalten des Beraters das Vertrauen des Klienten: Die Beziehung ist echt und verlässlich, was Sicherheit gibt (ein paralleler Effekt zur sicheren Bindung). Zum anderen lädt Kongruenz den Klienten dazu ein, ebenfalls authentisch zu sein. Rogers ging davon aus, dass psychische Probleme oft aus Inkongruenz resultieren – einem Auseinanderklaffen von Selbsterleben und Selbstbild. In einer Atmosphäre von Ehrlichkeit und Annahme kann der Klient nun ohne Verstellung über sich sprechen und so eine kongruentere Selbstwahrnehmung entwickeln.
Diese innere Stimmigkeit – das Erkennen und Akzeptieren dessen, was man wirklich fühlt und braucht – trägt zur Resilienz bei gwg-ev.org. Wer sich selbst kongruent wahrnimmt, kann Krisen besser meistern, weil keine Energie in Selbsttäuschungen oder innere Konflikte fließen muss. Außerdem hat Kongruenz des Beraters eine Modellfunktion: Die Klientin erlebt, dass offenes Ausdrücken von Gefühlen und Bedürfnissen in der Beziehung nicht zu Ablehnung führt. Sie kann dieses Modell übernehmen und auch außerhalb der Therapie ihre Authentizität wahren, Grenzen setzen und Unterstützung suchen, wenn nötig – alles Fähigkeiten, die mit Resilienz zusammenhängen. Kurz gesagt, durch kongruentes Verhalten schafft der Berater eine vertrauensvolle, echte Beziehung und fördert die Entwicklung eines stimmigen Selbst beim Klienten, was dessen Widerstandskraft erhöht.
Praxisbezogener Teil: Resilienz im Beratungsgespräch erfahrbar machen
In der praktischen Umsetzung – sei es im Coaching, in der psychosozialen Beratung oder in der Psychotherapie – lässt sich die Förderung von Resilienz durch personzentrierte Haltung und Methoden gezielt gestalten. Wichtig ist dabei weniger ein starres Technikrepertoire als vielmehr die Art und Weise, wie die Beziehung gestaltet wird und welche Erfahrungen Klient*innen im Gespräch machen. Im Folgenden einige konkrete Handlungsideen und Prinzipien, durch die Resilienz im Beratungsgespräch spürbar gefördert werden kann:
Empathisches Zuhören und Gefühlsreflexion: Der/die Beratende hört aktiv zu und spiegelt einfühlsam die Emotionen des Gegenübers. Zum Beispiel fasst er/sie Gehörtes in Worte wie: „Sie klingen sehr enttäuscht und verletzt von dieser Erfahrung.“ Solches Verbalisieren emotionaler Erlebnisinhalte zeigt dem Klienten, dass seine innere Welt wirklich verstanden wird. Es hilft ihm zugleich, eigene Gefühle klarer zu benennen und einzuordnen gwg-ev.org. Indem der Klient erlebt, dass intensive Emotionen ausgesprochen und angenommen werden können, verbessert sich schrittweise seine Fähigkeit zur Emotionsregulation. Diese Form des empathischen Zuhörens schafft auch eine Atmosphäre von psychologischer Sicherheit, in der selbst schwierige Gefühle Raum haben – eine grundlegende Voraussetzung, damit Resilienz entstehen kann.
Einen sicheren Rahmen und Vertrauen schaffen: Die Beraterperson stellt von Anfang an einen verlässlichen, akzeptierenden Rahmen her. Dazu gehören eine zugewandte Grundhaltung, Transparenz im Vorgehen und echtes Interesse am Erleben des Klienten. Diese konsequent wertschätzende Atmosphäre lässt die Beziehung zu einem „sicheren Hafen“ werden, in dem der Klient sich öffnen und Neues ausprobieren kann. Forschungsergebnisse untermauern, dass eine tragfähige, emotional stabile Beziehung ein entscheidender Schutzfaktor für resiliente Entwicklung ist gwg-ev.orggwg-ev.org. In der Praxis bedeutet das: Durch Verlässlichkeit, Geduld und Echtheit des Beraters fühlt sich der Klient aufgehoben. Diese Erfahrung einer sicheren Bindung im Beratungssetting ermöglicht es ihm, sich auch belastenden Themen zu stellen, ohne überwältigt zu werden. Die Beziehung selbst wird somit zum Übungsfeld der Resilienz: Der Klient kann im geschützten Kontakt Mut fassen, Vertrauen (wieder-)entwickeln und lernt, Unterstützung anzunehmen – was er später auch im Alltag nutzen kann.
Ressourcenfokus und Stärkung der Selbstwirksamkeit: Ein zentrales praktisches Prinzip ist, den Fokus weg von Defiziten hin zu Ressourcen und Stärken zu lenken. Die Beraterin kann den Klienten etwa ermutigen, ein Erfolgstagebuch zu führen oder im Gespräch gezielt nach bisherigen Bewältigungserfolgen fragen. Wird dem Klienten bewusst gemacht, welche Fähigkeiten und positiven Eigenschaften in ihm stecken, erlebt er einen Perspektivwechsel hin zu mehr Zuversicht. In einem Fallbeispiel notierte eine Klientin auf Anregung der Beraterin überraschend eigene Stärken – was sie zuvor als selbstverständlich oder unzureichend betrachtet hatte, wurde als Kompetenz anerkannt gwg-ev.org. Solche Momente der Anerkennung wirken stärkend. Darüber hinaus fördert ein personzentriert ressourcenorientierter Ansatz die Selbstwirksamkeit, indem der Berater den Klienten ermutigt, eigene Lösungen zu entwickeln. Anstatt Ratschläge zu erteilen, stellt der Berater z. B. Fragen wie: „Was können Sie in dieser Situation selbst verändern?“ oder „Welche Möglichkeiten sehen Sie innerhalb Ihres Handlungsspielraums?“ gwg-ev.org. Dadurch wird deutlich, dass der Klient kein passives Opfer der Umstände ist, sondern aktive Gestaltungsspielräume besitzt. Wenn der Klient – unterstützt durch empathisches Nachfragen und Ermutigung – eigenständig Ideen zur Problemlösung entwickelt, macht er die Erfahrung: „Ich kann etwas bewirken!“ Dieses Erleben von Selbstwirksamkeit wird unmittelbar erfahrbar und steigert die Resilienz gwg-ev.org. In der Praxis hat es sich bewährt, Zwischenerfolge und getroffene Bewältigungsschritte ausdrücklich zu würdigen, um das Vertrauen des Klienten in die eigene Kompetenz weiter zu festigen.
Positive Zukunftsvisionen entwickeln: Resiliente Menschen zeichnen sich häufig durch Optimismus und Zukunftsorientierung aus. Im Beratungskontext kann daher – sofern es zum Anliegen passt – die Entwicklung eines positiven Zukunftsbildes gefördert werden. Trotz des nicht-direktiven Ansatzes sind kreative, personzentriert angeleitete Methoden hier hilfreich. Ein Beispiel aus dem Coaching: Ein Klient, der nach einer beruflichen Krise orientierungslos und pessimistisch war, wurde eingeladen, eine Visionscollage zu gestalten gwg-ev.org. Mit Schere, Papier und Zeitschriften kreierte er in einer Sitzung eine Collage seiner gewünschten Zukunft: Er suchte intuitiv Bilder und Worte aus, die ihn ansprachen, und klebte sie zu einem Gesamtbild. Die Beraterin begleitete den Prozess einfühlsam und interessiert, ohne inhaltliche Vorgaben zu machen gwg-ev.org. Das Ergebnis war ein buntes, hoffnungsvolles Zukunftsbild, das dem Klienten half, wieder Optimismus zu schöpfen und konkrete Ziele zu formulieren. Solche imaginative Übungen werden im personzentrierten Rahmen nicht als starre Technik, sondern als Angebot verstanden, das der Klient annehmen kann. Der entstehende Optimismus – die Zuversicht auf positive Veränderungen – ist ein wichtiger Schutzfaktor, der die seelische Widerstandskraft erhöht. Ähnlich kann man mit anderen kreativen Ansätzen arbeiten (z. B. angeleitete Fantasiereisen, Zukunftsbrief an sich selbst), solange sie im Einklang mit der empathischen Begleitung stehen und vom Klienten mitgetragen werden. Die zentrale Idee ist, Hoffnung und Sinnperspektiven erlebbar zu machen, ohne Druck, sondern im eigenen Tempo des Klienten.
Förderung von Akzeptanz und flexibler Anpassung: Resilienz bedeutet nicht nur, stark zu sein, sondern auch anzunehmen, was man nicht ändern kann. In der Beratungspraxis zeigt sich häufig, dass Klientinnen zunächst mit Selbstvorwürfen oder dem Kampf gegen unveränderliche Umstände ringen. Hier kann die personzentrierte Haltung der bedingungslosen Akzeptanz einen heilsamen Raum bieten, um Akzeptanz einzuüben. Das bedeutet konkret: Der Berater signalisiert dem Klienten, dass auch dessen empfundenes Scheitern oder Nicht-Weiter-Können verstanden und angenommen wird. So beschrieb z. B. Brandes den Fall einer überlasteten Frau, die sich eingestehen musste: „Ich kann nicht mehr.“ Indem die Beraterin diesen Satz ernst nahm und empathisch bestätigte, dass es in Ordnung ist, an eine Grenze zu kommen, fühlte die Klientin sich erstmals nicht verurteilt gwg-ev.org. Aus dieser Akzeptanz heraus konnte dann ein nächster Schritt erfolgen – nämlich Entlastungsmöglichkeiten zu suchen. Praktisch kann der Berater also die Neubewertung von Situationen unterstützen: Was der Klient als persönliches Versagen deutet, kann im Licht wohlwollender Reflexion vielleicht als realistische Grenze oder als Signal für notwendige Veränderungen gesehen werden. Durch behutsames Reframing (Umdeuten) und Validieren der Gefühle lernen Klientinnen, flexibel auf Stressoren zu reagieren, statt sich in Selbstkritik zu verlieren. Diese mentale Flexibilität und Selbstakzeptanz gelten als Kernelemente von Resilienz, da sie es erlauben, sich an veränderte Umstände anzupassen und trotz Rückschlägen handlungsfähig zu bleiben.
Unterstützung durch soziale Netzwerke einbinden: Ein resilienzförderndes Beratungsgespräch berücksichtigt auch die soziale Einbettung des Klienten. Personzentrierte Beratende ermutigen Klient*innen oft, vorhandene Unterstützungsressourcen in ihrem Umfeld wahrzunehmen und zu nutzen – jedoch stets in Übereinstimmung mit dem autonomen Wollen des Klienten. Konkret kann dies bedeuten, im Gespräch herauszuarbeiten, welche vertrauensvollen Personen oder Gemeinschaften dem Klienten Halt geben. Gemeinsam kann besprochen werden, wie der Klient im Bedarfsfall Hilfe anfordern oder annehmen kann, ohne Scham. Diese Ermutigung ist wichtig, denn resilientere Menschen zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich in Krisenzeiten aktiv Unterstützung suchen und nicht isolieren gwg-ev.org. Die personzentrierte Haltung vermittelt dabei, dass Hilfe anzunehmen kein Zeichen von Schwäche, sondern von Selbstfürsorge ist. Praktisch könnten hier z. B. Fragen gestellt werden wie: „An wen in Ihrem Umfeld könnten Sie sich mit diesem Anliegen wenden?“ oder „Wer hat Ihnen in der Vergangenheit schon einmal gut beigestanden?“ – immer mit einfühlsamer Begleitung, um eventuelle Vorbehalte oder Ängste ernst zu nehmen. So werden soziale Bindungen als Kraftquelle gestärkt. In manchen Fällen kann es auch hilfreich sein, Netzwerkkarten oder soziogrammähnliche Skizzen zu verwenden, in denen der Klient seine Unterstützerkreise visualisiert. Der Schlüssel bleibt jedoch, dass der Klient selbst erkennt: Er darf Unterstützung holen und ist nicht allein – ein Gefühl, das die Widerstandskraft erheblich erhöhen kann.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die personzentrierte Beratung durch ihre Grundhaltungen und ihre praxisbezogenen Methoden einen resilienzfördernden Rahmen schafft. Indem Empathie, Wertschätzung und Kongruenz gelebt werden, entwickelt sich eine therapeutische Beziehung, die dem Klienten als sicherer Hafen dient und ihn ermutigt, eigene Stärken und Lösungen zu entdecken. Die wissenschaftlichen Befunde untermauern, dass genau solche Faktoren – ein vertrauensvolles Beziehungsangebot, gesteigertes Selbstwert- und Selbstwirksamkeitserleben, Emotionsregulation sowie soziale Unterstützung – wesentlich dazu beitragen, Resilienz aufzubauen gwg-ev.orggwg-ev.org. In der Praxis von Coaching, Beratung und Therapie wird Resilienz somit erfahrbar, wenn Klient*innen im geschützten Dialog lernen, Herausforderungen mit neuem Selbstvertrauen, Gefühlsausdruck und Unterstützung anzugehen. Die personzentrierte Beratung nach Rogers bietet dafür einen bewährt wirksamen Ansatz, um Krisen zu meistern und Entwicklungspotenziale zu entfalten gwg-ev.orggwg-ev.org.


